Nutrition Dialogue

Zeitenwende in der Ernährung - personalisiert und mental gesund


Am 12. November 2024 lud die DHBW Heilbronn zu einem spannenden “Nutrition Dialogue” ein, bei dem das Thema personalisierte Ernährung im Kontext psychischer Gesundheit und Menopause im Mittelpunkt stand. Mit Vorträgen von Joanna Ledunger, Mitgründerin und Geschäftsführerin der HEALTHY LONGER GmbH, und Kathrin Friedrichs, Ernährungswissenschaftlerin und Forscherin für personalisierte Ernährung an der DHBW, wurden aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse und innovative Ansätze vorgestellt.

Personalisierte Ernährung als Schlüssel zu psychischer Gesundheit

Joanna Ledunger eröffnete die Veranstaltung mit einer eindrucksvollen Analyse: 40% der Gesellschaft leiden an psychischen Problemen. In der Diagnostik wird sich oft an den subjektiven Eindrücken der Betroffenen orientiert, objektive Kriterien hingegen werden oft nur nebensächlich betrachtet. Dadurch werden psychische Krankheiten häufig falsch oder nicht umfassend diagnostiziert.

Frau Ledungers zentrale Hypothese: Nährstoffdefizite sind ein Schlüsselfaktor bei psychischen Erkrankungen.

Unser Nervensystem steuert und koordiniert alle lebenswichtigen Funktionen des Körpers, nimmt Reize aus der Umwelt auf, verarbeitet sie, und ermöglicht Bewegungen, Denken, Emotionen sowie die Regulation von Organen. Das Nervensystem konsumiert bis zu 40% der durch die Ernährung aufgenommenen Nährstoffe und ist damit das hungrigste Organ unseres Körpers. Durch eine nährstoffdefizitäre Ernährung kann es geschwächt werden. Besonders die Darm-Hirn-Achse und die Blut-Hirn-Schranke spielen hierbei eine essenzielle Rolle, da bei einer Unterversorgung mit Nährstoffen die Kommunikation zwischen Verdauungsorganen, dem Blutkreislauf und dem zentralen und peripheren Nervensystem gestört werden kann. 

Mit dem Konzept der neurometabolischen Biomarker sieht Ledunger einen Durchbruch: Diese Indikatoren informieren über den Stoffwechsel im Nervensystem und können bei der Erkennung psychischer Erkrankungen helfen. Anhand von Urinproben, Fragebögen und KI-gestützten Analysen lassen sich personalisierte Ernährungspläne entwickeln, die Symptome gezielt lindern können. Das Projekt befindet sich aktuell noch in der Entwicklungsphase, schon in wenigen Jahren könnte es für die Allgemeinheit genutzt werden.

Ihre Botschaft: Neben der klassischen Psychotherapie könnte eine personalisierte Ernährung eine essenzielle Säule der Behandlung psychischer Erkrankungen bilden.

Die Menopause und ihre Herausforderungen für Ernährung und Psyche

Im zweiten Vortrag beleuchtete Kathrin Friedrichs die Menopause, die mit ihrer steigenden Relevanz im demografischen Wandel neue Ansätze erfordert: Bis 2050 werden weltweit 1,65 Milliarden Menschen in der postmenopausalen Phase leben. Laut einer Studie in Europa mit 7164 Frauen erleben 90% körperliche Symptome und 55% psychische Symptome während der Menopause.

Die Menopause, geprägt von hormonellen Veränderungen, bringt oft psychologische und kognitive Symptome wie Stimmungsschwankungen, Depressionen und Gedächtnisprobleme mit sich. Friedrichs erklärte, wie die Schwankungen des Östrogenspiegels während der Perimenopause und der Östrogenmangel in der Postmenopause die Funktion des Gehirns und die Stimmung beeinflussen.

Ernährung in der Menopause

Friedrichs hob hervor, dass eine personalisierte Ernährung Menschen helfen kann, Symptome zu lindern und langfristige Gesundheitsrisiken zu minimieren.

Erkenntnisse aus der Wissenschaft, bezogen auf kognitive und psychologische Symptome, gibt es, allerdings gelten diese ebenso als allgemeine Ernährungsempfehlung. 

Die Mediterrane Diät, reich an Polyphenolen und Omega-3-Fettsäuren gilt als besonders gesund und kann die kognitive und psychische Gesundheit unterstützen. Einer koreanischen Studie zufolge kann ein hoher Verzehr von Vollkornreis, Hülsenfrüchten, Gemüse, Obst und Fisch das Risiko für depressive Symptome bei Menschen im mittleren Alter senken. Der Verzehr von ultraverarbeiteten Lebensmitteln (Convenience Food) wird mit stärkeren Symptomen in Verbindung gebracht.

Wenig überraschend - doch welche Ansätze gibt es in Hinsicht auf eine personalisierte Ernährung?

  • Phytoöstrogene haben eine ähnliche molekulare Struktur wie Östrogene und binden sich an die Östrogenrezeptoren. Die Wirkung auf psychische Gesundheit und kognitive Fähigkeiten wird kontrovers diskutiert. 
  • Pflanzliche Extrakte, z.B. Johanniskraut, Traubensilberkerze und Ginseng haben sich in Studien teilweise als potenziell wirksam erwiesen. Doch weitere Forschung ist nötig, gerade im Bezug auf die Dosis und Wechselwirkungen mit Medikamenten.
  • Besonders die Darm-Hirn-Achse sowie das Estrobolom, eine Gruppe von Darmbakterien, die das zirkulierende Östrogen regulieren, bieten spannende Ansätze für Ernährungsinterventionen. Die Modulation des Darmmikrobioms beeinflusst den Östrogenspiegel. Hier zeigt eine Studie: ein probiotisches Präparat steigerte die Serumkonzentration von Östrogen bei Frauen in der Peri- und Postmenopause. Dies könnte eine Möglichkeit für eine therapeutische Anwendung sein.

Ihr Fazit: Jede Frau erlebt die Menopause individuell. Personalisierte Ernährung, basierend auf Genotyp, Lebensstil und medizinischen Faktoren, könnte eine entscheidende Rolle in der Begleitung der Menopause und bei der Prävention und Behandlung von Begleiterkrankungen spielen.

Ein Plädoyer für personalisierte Ansätze

Die Vorträge von Ledunger und Friedrichs zeigten eindrucksvoll, dass personalisierte Ernährung nicht nur die körperliche, sondern auch die psychische Gesundheit fördern kann. Um jedoch wissenschaftlich fundierte Empfehlungen zu entwickeln, bedarf es weiterhin intensiver Forschung, insbesondere langfristiger Studien in spezifischen Zielgruppen.

Die Veranstaltung machte deutlich: Die Zeitenwende in der Ernährung ist da – mit personalisierten Ansätzen, die den Menschen als Ganzes sehen.


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Haftungsausschluss 

Aus rechtlichen Gründen weisen wir darauf hin, dass bei den oben genannten Aussagen teilweise weitere Forschungen sowie Studien notwendig sind, um diese wissenschaftlich zu belegen. Daher können aktuell nicht alle Aussagen von der Schulmedizin anerkannt werden.


Quellen:

  • Joanna Ledunger. "Personalisierte Ernährung zur Behandlung psychischer Erkrankungen" Vortrag in der Reihe "Nutrition Dialogue" der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn, 12.11.2024, unveröffentlicht
  • Kathrin Friedrichs. "Menopause im Fokus: Personalisierte Ernährung zur Linderung von psychologischen und kognitiven Symptomen" Vortrag in der Reihe "Nutrition Dialogue" der Dualen Hochschule Baden-Württemberg Heilbronn, 12.11.2024, unveröffentlicht
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